Die Erfahrung zeigt, dass sich die subjektive Wahrnehmung meist deutlich von der tatsächlichen Ernährung unterscheidet. Um der eigenen Ernährungsweise genauer auf den Grund zu gehen, haben sich deshalb Ernährungstagebücher bewährt, mit deren Hilfe zunächst sämtliche Speisen und Getränke dokumentiert werden, die man über den Tag verteilt zu sich nimmt. In tabellarischer Form gehalten, liefern Ernährungstagebücher sowohl einen Gesamtüberblick als auch wertvolle Detailinformationen zu den persönlichen Gewohnheiten und Präferenzen. In weiteren Schritten kann die aktuelle Ernährungsweise dann gezielt auf Parameter wie beispielsweise das Nährstoffverhältnis oder den Energiegehalt analysiert werden. Wie das geht, zeigen wir Schritt für Schritt in der nachfolgenden Beschreibung.
In folgenden Ausbildungen gehen wir tiefer darauf ein:
Die Handhabung eines Ernährungstagebuches ist einfach, erfordert aber etwas Disziplin: Um aussagekräftige Informationen zu erhalten, sollte das Tagebuch möglichst akribisch und über den Mindestzeitraum von einer, besser aber zwei Wochen geführt werden. Üblicherweise notiert der Konsument, neben der Uhrzeit, die Art und Menge aller über den Tag verzehrten Speisen und Getränke. Da einzelne Bestandteile, ihre Anzahl oder Menge sehr schnell vergessen werden, sollte diese Notiz grundsätzlich während oder sofort nach der jeweiligen Mahlzeit erfolgen. Ebenfalls eingetragen werden alle kalorienhaltigen Getränke, insbesondere alkoholische Getränke: obwohl Alkohol per Definition nicht zu den energieliefernden Makronährstoffen zählt, ist er für den Stoffwechsel und die Energiebilanz von hoher Relevanz. Das nachfolgende Beispiel zeigt, wie die Tagebucheinträge für einen einzelnen Tag aussehen könnten:
Je nachdem, welcher Teil der Ernährung genau analysiert werden soll, können den ausgefüllten Tagesprotokollen im Nachgang sehr spezifische Informationen entnommen werden. Grundsätzlich kann der Fokus beispielsweise auf Ballaststoffgehalt, aufgenommene Vitamine oder Mineralstoffe gerichtet werden. Am häufigsten interessieren aber die Energiebilanz sowie die Zusammensetzung der Makronährstoffe Fett (F), Eiweiß (= Protein/ P) und Kohlenhydrate (KH). Es ist deshalb sinnvoll, in der rechten Hälfte weitere Spalten zur Analyse der protokollierten Nahrung einzufügen. Darin werden die Mengen der Einzelnährstoffe aller Mahlzeiten eingetragen und anschließend zu einer Tagessumme addiert. Soweit vorhanden, kann in die letzte Spalte auch direkt der Energiegehalt jeder Mahlzeit übertragen werden.
Bei fertigen Produkten findet man alle erforderlichen Werte relativ einfach auf der Verpackung. Bei auswärts verzehrten, offen gekauften oder selbst zusammengestellten Produkten und Speisen müssen sie überschlagen oder anhand der Einzelzutaten berechnet werden. Beim Kochen oder Backen kann deshalb die Verwendung einer Waage hilfreich sein. Sofern keinerlei Verpackungs- oder Herstellerangaben vorliegen, kann der Anteil und der Energiegehalt einzelner Speisen oder Lebensmittel in der Regel via Internet ermittelt werden. Das exemplarische Ernährungsprotokoll oben würde demnach folgendermaßen erweitert werden:
Nun wissen wir also, von welchem Energielieferanten welche Menge aufgenommen wurde. Diese Zwischeninformation ist wichtig, um im nächsten Schritt die Gewichtung der Nährstoffe zueinander und ihren jeweiligen Beitrag zum Gesamtenergieumsatz zu berechnen. Dafür sollte noch etwas Platz für weitere Zeilen unterhalb der Tagessummen eingeplant werden. Weiter müssen für die nachfolgenden Berechnungen die physikalischen Brennwerte der unterschiedlichen Energieträger (also der Makronährstoffe und Alkohol) bekannt sein. Ihre gerundeten Werte können in folgendem Diagramm abgelesen werden.
Mit diesem Wissen lassen sich unter Anwendung einfacher Formeln nun auch die Energiebilanz und das prozentuale Verhältnis zwischen den aufgenommenen Energieträgern ermitteln. Diese Werte bilden in den meisten Fällen die Quintessenz eines Ernährungstagebuches und sind ein solider Ausgangspunkt für Ernährungspläne oder Ernährungsumstellungen. In unserem Beispiel würde die Kalkulation folgendermaßen aussehen:
Die Ergebnisdeutung ist je nach Tagebuch sehr individuell, sie setzt daher ein gewisses Maß an Erfahrung und tiefergehenden Kenntnissen in der Ernährungskunde voraus.
Eine einfache Interpretation unseres exemplarischen Ernährungstagebuchs lässt am Ende mit 54,1% einen hohen Beitrag der Kohlenhydrate zum Energiehaushalt erkennen. Weiter liegt der tatsächliche (oder vielleicht angestrebte) Energiebedarf von 2200 kcal in diesem Beispiel um 300 kcal unter der aufgenommenen Energiemenge von 2500 kcal. Daraus resultiert eine positive Energiebilanz, die längerfristig zu einer Gewichtszunahme führen würde (oder in der Vergangenheit bereits dazu geführt hat). Der Alkoholgehalt von „nur“ 2 Gläsern Rotwein liefert immerhin ein Beitrag von 5% zum Energiehaushalt des Beispieltages.
Kostenlose Vorlage: Das Ernährungstagebuch
Für eine ausgeglichene Bilanz müssten also etwa 300 kcal „gestrichen“ werden. Wenn das Ernährungsziel der im Beispiel genannten Person eine Gewichtsreduktion wäre, müsste aber eine negative Energiebilanz erreicht werden und somit eine Reduktion um mehr als 300 kcal. Anzusetzen wäre im Beispiel als erstes bei den Kohlenhydraten und beim Alkohol, denn ihre Reduktion hätte hohe Wirksamkeit und keine negativen Auswirkungen auf andere Körperfunktionen.
Ein Ernährungsprotokoll eines einzigen Tages hat so gut wie keine Aussagekraft. Da sich die Ernährungsgewohnheiten unter der Woche in der Regel von denen am Wochenende unterscheiden, sollte ein Ernährungstagebuch mindestens über den Zeitraum von 7 Tagen geführt werden.
Ein gut geführtes Tagebuch hilft u.a. einen Überblick zu schaffen, Fehleinschätzungen zu identifizieren, versteckte Kalorien zu entlarven, Mangelzustände aufzudecken und das Bewusstsein für die eigene Ernährung zu schärfen. Im Rahmen von Ernährungsumstellungen oder Gewichtsreduktionen sind Ernährungstagebücher ein wertvolles Hilfsmittel und die Basis einer gezielten Ernährungsplanung.