Für Sportler stellt die Erbringung von Höchstleistungen sowohl im sportlichen Wettkampf, als auch im Training die zentrale Aufgabe dar. In vielen Sportarten spielen schnellkräftige und reaktive Bewegungen – wie sie beispielsweise bei Sprüngen, Würfen oder Sprints vorkommen - eine bedeutsame Rolle. In zahlreichen Studien konnte interessanterweise belegt werden, dass sich durch bestimmte vorausgehende muskuläre Voraktivierungen, sogenannte Konditionierungsaktivitäten, akute Leistungssteigerungen bei schnellkräftigen und reaktiven Bewegungen erzielen lassen.
In folgenden Ausbildungen gehen wir tiefer darauf ein:
Die akute Leistungssteigerung durch Konditionierungsaktivitäten beruht auf einem Phänomen namens Postactivation Potentiation, dessen Vorhandensein sowohl unter Laborbedingungen als auch bei sportmotorischen Tests in der Praxis bewiesen werden konnte. In der Literatur wird von drei potenziellen Mechanismen berichtet, die ursächlich für Leistungssteigerung nach einer Konditionierungsaktivität sein könnten:
(i) eine gesteigerte Phosphorylierung von leichten Myosinketten,
(ii) eine erhöhte motoneuronale Erregbarkeit und/oder
(iii) eine Veränderung des Muskel-Fiederungswinkels.
Für die Generierung von Leistungszugewinnen ist es bedeutsam, dass die Charakteristik der Konditionierungsaktivität auf den Kunden und dessen individuelle Voraussetzungen abgestimmt ist. Es kommt hierbei auf die Art, den Umfang sowie den Zeitpunkt der Konditionierungsaktivität an. Zudem beeinflusst der Trainingszustand des Kunden, ob es infolge von Konditionierungsaktivitäten zu einer anschließenden Leistungssteigerung kommt oder nicht. Darüber hinaus spielt auch die Art der Zielbewegung eine zentrale Rolle. Demnach müssen für eine akute Leistungssteigerung viele Faktoren passen.
Nahezu jede moderate bis intensive Willkürbewegung kann den Postactivation Potentiation Effekt hervorrufen. Je intensiver die Konditionierungsaktivität ist, desto höher ist der Postactivation Potentiation Effekt. Häufig werden isometrische Maximalkontraktionen als Konditionierungsaktivität verwendet. Für die untere Extremität bieten sich aber auch repetitive reaktive Beidbeinsprünge auf den Fußballen an – sogenannte Hoppings.
Intensive muskuläre Voraktivierungen rufen auf der einen Seite sowohl den leistungssteigernden Postactivation Potentiation Effekt hervor, als auch zugleich leistungsmindernde Ermüdungsprozesse. Netto-Leistungssteigerungen im Sinne einer Superkompensation kommen demnach nur dann zustande, wenn die Leistungssteigerung durch den Postactivation Potentiation Effekt größer ist als die Leistungsminderung durch die Ermüdung.
Bei isometrischen Maximalkontraktionen haben sich Intervalle von 3–10 Sekunden als effektiv herausgestellt.
Bei repetitiven Sprüngen konnte gezeigt werden, dass 10 Hoppings zu signifikanten Leistungssteigerungen in nachfolgenden Niederhochsprüngen (Drop Jumps) führten.
Wie bereits erwähnt, führen Konditionierungsaktivitäten zu unerwünschten Ermüdungseffekten, die die Leistung in nachfolgenden Bewegungen mindern. Diese Ermüdungseffekte sind ebenso wie der Postactivation Potentiation Effekt direkt nach der Konditionierungsaktivität am höchsten. In einigen Studien wurden erfolgreich Intervalle zwischen der Konditionierungsaktivität und der Zielbewegung von 3–5 min eingesetzt. Dennoch scheint das Verhältnis zwischen Ermüdung und Leistungspotenzierung direkt nach der Konditionierungsaktivität am günstigsten zu sein. Die Zielbewegung sollte daher, wenn möglich, unmittelbar nach der Konditionierungsaktivität ausgeführt werden.
An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass der optimale Zeitpunkt der nachfolgenden Zielbewegung von Faktoren wie der Art bzw. dem Umfang der Konditionierungsaktivität abhängt. Umso höher der Umfang der muskulären Voraktivierung ist, desto mehr Zeit sollten Sie Ihrem Kunden bis zur Ausführung der Zielbewegung geben. Daher ist eine pauschalisierte Aussage zu dem optimalen Pausenintervall an dieser Stelle nicht möglich.
Umso höher der Leistungszustand des Kunden, desto eher lassen sich zusätzliche Leistungszugewinne durch Konditionierungsaktivitäten hervorrufen. Interessanterweise lassen sich durch gezielte Konditionierungsaktivitäten auch bei austrainierten Leistungssportlern signifikante Leistungssteigerungen erzielen.
Vor allem scheint die willkürliche Maximalkraft ein maßgeblicher Einflussfaktor zu sein. Je höher die willkürliche Maximalkraft, desto höher ist in der Regel auch die zu erwartende Leistungssteigerung durch Konditionierungsaktivitäten. Die Begründung hierfür liegt in der Korrelation zwischen der willkürlichen Maximalkraft und dem Vorhandensein von schnell zuckenden Typ II Fasern, bei denen der Postactivation Potentiation Effekt größer ist als bei den langsam zuckenden Typ I Fasern.
Der Postactivation Potentiation Effekt hat keinen Einfluss auf die Maximalkraft – vielmehr wird die Kraftanstiegsrate (rate of force development) gesteigert. Leistungszugewinne durch Konditionierungsaktivitäten lassen sich daher vor allem bei schnellkräftigen, reaktiven Bewegungsabläufen und bei Schnelligkeitsleistungen beobachten – wie zum Beispiel bei Sprüngen, Würfen und Sprints.
Die Leistungszugewinne durch Konditionierungsaktivitäten liegen zumeist zwischen 3 % und 5 %. Durch die Tatsache, dass es sich lediglich um eine größere Ausschöpfung des bereits vorhandenen Leistungspotenzials handelt (denke beispielsweise an den Spitzensport), sind diese Leistungssteigerungen beträchtlich.
Durch Konditionierungsaktivitäten kannst du akute Leistungssteigerungen erzielen. Dabei solltest du jedoch einige Dinge beachten:
1. Wähle die Intensität der Konditionierungsaktivitäten so hoch wie möglich.
2. Der Umfang der Konditionierungsaktivität sollte nicht zu groß sein, um die Ermüdung der Muskulatur niedrig zu halten.
3. Der Zeitraum zwischen Konditionierungsaktivität und Zielbewegung sollte gering sein (wenige Sekunden bis max. 5 min).
4. Die Zielbewegung sollte einen schnellkräftigen oder reaktiven Charakter haben.
Die Angabe von allgemeingültigen Kennzahlen, um optimale Leistungszugewinne zu erzielen, ist aufgrund der Vielzahl von Einflussfaktoren nicht möglich. Die optimalen Belastungsnormative für individuelle Bedingungen und Voraussetzungen gilt es im Trainingsprozess herauszufinden. Dies ist deine Herausforderung als Trainer. Du testest, welche Trainingsmethode für deine individuellen Kunden funktioniert und entwirfst auf dieser Grundlage geeignete Trainingspläne. Auch dies geschieht im Prozess, immer in Bezug zu der Entwicklung deines Kunden.